Fallstudie: Sanierung außerhalb der Insolvenz mithilfe des StaRUG
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Was passiert, wenn ein Unternehmen in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten gerät, aber das Geschäftsmodell grundsätzlich tragfähig bleibt? Wie kann ein rechtssicherer Weg gefunden werden, um Gläubiger einzubinden, Vertrauen zurückzugewinnen und eine drohende Insolvenz doch noch abzuwenden?
In dieser Fallstudie zeigen wir anhand eines realen Beispiels, wie ein mittelständisches Unternehmen mithilfe des StaRUG erfolgreich saniert werden konnte. Der Beitrag ergänzt unsere Blogreihe um eine praxisnahe Perspektive: Während Teil 1 die Definition, Ziele und Vorteile eines StaRUG Verfahrens erläutert und Teil 2 den theoretischen Ablauf eines StaRUG-Verfahrens beschreibt, zeigen wir nun an einer konkreten Fallstudie, wie das StaRUG in einem Unternehmen erfolgreich umgesetzt wurde.
Ausgangslage: Finanzielle Schieflage durch diverse Forderungen und Rückzahlungspflichten
Das Sanierungsgutachten nach IDW S6 dient insbesondere Banken und anderen Kreditgebern als Grundlage für die Entscheidung, ob sie einem Unternehmen weiterhin finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Aber auch Gesellschafter, Gläubiger und das Management erhalten damit eine fundierte Einschätzung zur Lage und Perspektive des Unternehmens.
Die Anforderungen und Ziele eines solchen Gutachtens variieren dabei je nach Interessensgruppe. Die folgende Übersicht zeigt, welchen konkreten Nutzen ein IDW S6 Gutachten für zentrale Stakeholdergruppen besitzt:
Erste Analyse und Krisenstadium
Die Unternehmensleitung hatte aufgrund fehlender integrierter Finanzplanung die drohende Zahlungsunfähigkeit nicht rechtzeitig erkannt. Erst nach einer umfassenden Analyse der finanziellen Situation, inklusive der Erstellung eines Finanzstatus und eines Bankenspiegels, wurde das Ausmaß der Krise deutlich. Das Unternehmen befand sich bereits in einem fortgeschrittenen Krisenstadium und war als drohend zahlungsunfähig einzustufen.
Wenn Sie sich mehr zum Thema StaRUG-Verfahren informieren möchten, lesen Sie unseren Beitrag „Teil 1: Einführung in das StaRUG“.
Warum sich das Unternehmen für das StaRUG entschieden hat
Im Anschluss an die erste Analyse wurden verschiedene Optionen geprüft, um die finanzielle Situation zu stabilisieren. In Betracht kamen:
- Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung (Schutzschirmverfahren),
- ein außergerichtlicher Sanierungsvergleich,
- ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren nach StaRUG.
Aufgrund der Vorteile des StaRUG, insbesondere der nicht öffentlichen Durchführung, der Möglichkeit, einzelne Gläubigergruppen durch Mehrheitsentscheidungen zu überstimmen (sog. Cross-Class Cram-Down) und der schnellen Rechtssicherheit durch zeitnahe gerichtliche Planbestätigung, entschied sich die Schuldnerin für dieses Verfahren.
Ausarbeitung des Restrukturierungsplans
Nach der Entscheidung für ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren gemäß StaRUG begann Anfang 2023 die Ausarbeitung eines tragfähigen Restrukturierungsplans. Dieser umfasste eine detaillierte Liquiditätsplanung und eine Vergleichsrechnung, um die Gläubiger von den Vorteilen des Verfahrens gegenüber einem Insolvenzszenario zu überzeugen. Der Plan sah Stundungen, Forderungsverzichte und eine Umwandlung von Schulden in Eigenkapital vor. Die Gläubiger wurden in Gruppen eingeteilt, wobei störende Gläubigergruppen mithilfe des Cross-Class Cram-Downs überstimmt werden konnten.
Gerichtliche Vorprüfung und Gläubigerabstimmung
Im nächsten Schritt wurde der Restrukturierungsplan dem Gericht zur Vorprüfung vorgelegt, und etwaige Bedenken konnten in einem Vorprüfungstermin ausgeräumt werden. Anschließend stimmten die Gläubiger über den Plan ab. Obwohl nicht alle Gläubigergruppen zustimmten, konnte der Plan dank des Cross-Class Cram-Downs gerichtlich bestätigt werden.
Ergebnis des Verfahrens: Schuldenabbau und Stabilisierung
Das StaRUG-Verfahren war erfolgreich: Die Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 1,1 Mio. Euro wurden restrukturiert und im Gegenzug auf diese Forderungen eine Quotenzahlung geleistet. Die Restrukturierung erstreckte sich insgesamt über neun Monate, wobei das gerichtliche Verfahren selbst etwas vier Monate in Anspruch nahm. Durch diesen strukturierten Prozess konnte das Unternehmen die drohende Zahlungsunfähigkeit abwenden und seine Geschäftstätigkeit nachhaltig stabilisieren.
Fazit: StaRUG als wirkungsvolles Sanierungsinstrument
Die Fallstudie verdeutlicht, wie das StaRUG-Verfahren in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann, um Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Besonders die flexible Gestaltung des Restrukturierungsplans und die gerichtliche Bestätigung trotz Widerstand einzelner Gläubigergruppen waren entscheidende Erfolgsfaktoren.
Gerade für Projektgesellschaften im Immobiliensektor kann das StaRUG eine strategisch sinnvolle Option darstellen. Unser Beitrag „StaRUG: Neue Perspektiven für Projektgesellschaften im Immobiliensektor“ zeigt auf, wie insbesondere Projektentwickler und -gesellschaften von dem flexibleren Umgang mit Gewährleistungsansprüchen und der Gläubigerkoordination im StaRUG-Verfahren profitieren können.