IDW S6 einfach erklärt: Wann ein Sanierungsgutachten erforderlich ist und was es leisten muss
Im Jahr 2024 meldeten laut dem Statistischen Bundesamt knapp 22.000 Unternehmen in Deutschland Insolvenz an – der höchste Stand seit fast 10 Jahren. Wenn Unternehmen in die Krise geraten, zählt nicht nur Geschwindigkeit und Effizienz, sondern vor allem Substanz. Banken, Gesellschafter und Investoren erwarten belastbare Entscheidungsgrundlagen – insbesondere dann, wenn finanzielle Mittel, Haftungsvermeidung oder Fortführungsentscheidungen auf dem Spiel stehen.
Ein IDW S6 Gutachten bietet genau das: Ein strukturiertes, objektives und rechtssicheres Sanierungskonzept, das nicht nur die Fortführungsmöglichkeiten eines Unternehmens analysiert, sondern auch klare Maßnahmen zur nachhaltigen Stabilisierung aufzeigt. In diesem Beitrag erfahren Sie, wann ein solches Gutachten erforderlich ist, welche Anforderungen es erfüllen muss – und warum es in der Praxis mehr ist als nur ein formaler Standard.
Was ist ein IDW S6 Gutachten?
Ein Sanierungsgutachten nach IDW S6 ist ein unabhängiges und strukturiertes Gutachten, das prüft, ob ein Unternehmen sanierungsfähig ist – also ob es realistische Chancen auf eine nachhaltige wirtschaftliche Gesundung gibt. Es folgt den Vorgaben des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) und dient insbesondere als Entscheidungsgrundlage für Banken, Gesellschafter und andere Stakeholder in Unternehmenskrisen. Das Gutachten verbindet betriebswirtschaftliche Analyse mit einem konkreten Maßnahmenplan zur Stabilisierung und Zukunftssicherung des Unternehmens.
Welchen Zweck hat ein IDW S6 Gutachten?
Das Sanierungsgutachten nach IDW S6 dient insbesondere Banken und anderen Kreditgebern als Grundlage für die Entscheidung, ob sie einem Unternehmen weiterhin finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Aber auch Gesellschafter, Gläubiger und das Management erhalten damit eine fundierte Einschätzung zur Lage und Perspektive des Unternehmens.
Die Anforderungen und Ziele eines solchen Gutachtens variieren dabei je nach Interessensgruppe. Die folgende Übersicht zeigt, welchen konkreten Nutzen ein IDW S6 Gutachten für zentrale Stakeholdergruppen besitzt:
Wann benötigt man ein Sanierungsgutachten nach IDW S6?
Ein IDW S6 Gutachten wird immer dann benötigt, wenn sich ein Unternehmen in einer akuten wirtschaftlichen Krise befindet – zum Beispiel bei drohender Zahlungsunfähigkeit, bilanzieller Überschuldung oder anhaltenden Verlusten und Liquiditätsengpässen.
Besonders relevant ist ein IDW S6 Gutachten in folgenden Situationen:
- zur Vorbereitung und Absicherung von Restrukturierungsmaßnahmen
- im Rahmen von Kreditverhandlungen mit Banken
- als Grundlage für Fortführungsentscheidungen durch Gesellschafter
- zur Vermeidung einer Insolvenzantragspflicht
- im Rahmen von StaRUG-Verfahren oder anderen außergerichtlichen Sanierungslösungen
Wenn Sie sich mehr zum Thema StaRUG-Verfahren informieren möchten, lesen Sie unseren Beitrag „Teil 1: Einführung in das StaRUG“.
Welche Schritte sind bei der Erstellung eines IDW S6 Gutachtens zu beachten?
Ein Sanierungsgutachten nach IDW S6 folgt einer klar definierten Struktur. Ziel ist es, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens transparent darzustellen, realistische Sanierungsmaßnahmen zu entwickeln und die Fortführungsfähigkeit objektiv zu bewerten. Dabei sind sowohl rechtliche als auch betriebswirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen.
Prüfung der Fortführungsfähigkeit
Zu Beginn wird geprüft, ob rechtliche oder tatsächliche Gründe einer Fortführung des Unternehmens entgegenstehen – etwa eine bereits bestehende Insolvenzantragspflicht oder rechtlich nicht behebbare Mängel im Geschäftsmodell. Diese Prüfung ist essenziell, denn nur sanierungsfähige Unternehmen dürfen im Sinne der IDW S6-Richtlinie weitergeführt werden.
Ziel dieser Phase: Der Nachweis der Fortführungsfähigkeit – als Voraussetzung für die eigentliche Sanierung.
Entwicklung und Dokumentation der Sanierungsstrategie
In einem zweiten Schritt werden geeignete Sanierungsmaßnahmen entwickelt und nachvollziehbar dokumentiert. Dabei muss das Sanierungskonzept gemäß den Anforderungen des IDW S6 folgende Fragen beantworten:
- Ist die Sanierung erfolgversprechend?
- Wird das Unternehmen nach Umsetzung der Maßnahmen wieder wettbewerbsfähig und renditestark sein – bei angemessener Eigenkapitalausstattung?
- Entspricht das Konzept den Vorgaben der Rechtsprechung und regulatorischen Anforderungen (z. B. MaRisk, BGH-Rechtsprechung)?
Die Maßnahmen müssen dabei sowohl kurzfristige Liquiditätssicherung als auch nachhaltige Ertragsverbesserung adressieren.
Was sind die Kernanforderungen eines IDW S6 Gutachtens?
Damit ein Sanierungskonzept als tragfähig gilt, muss es bestimmte Mindestinhalte aufweisen. Diese sind in Aufbau und Inhalt im IDW S6 konkret benannt:
- Darstellung und Analyse der aktuellen Unternehmenslage
- Einordnung des Krisenstadiums (Stakeholder-, Strategie-, Erfolgs- oder Liquiditätskrise)
- Analyse der Krisenursachen (intern/extern, strukturell/operativ)
- Aussagen zur Fortführungsfähigkeit des Unternehmens
- Ausrichtung am Leitbild des sanierten Unternehmens (Zielbild/strategischer Fokus)
- Stadiengerechte Maßnahmen zur Überwindung der Krise
- Integrierte Unternehmensplanung (Ertrags-, Finanz- und Liquiditätsplanung i. d. R. über drei Jahre)
- Berichterstattung und zusammenfassende Beurteilung der Sanierungsfähigkeit
Die Beurteilung muss transparent, nachvollziehbar und plausibel sein – nur so können Stakeholder wie Banken, Gesellschafter oder Investoren auf Basis des Gutachtens fundierte Entscheidungen treffen.
IDW S6 bei kleinen Unternehmen
Bei kleineren Unternehmen kann der Umfang des Gutachtens reduziert werden – insbesondere, wenn einzelne Bestandteile weniger relevant oder gut dokumentiert sind. Der IDW S6 erlaubt hier eine pragmatische Anwendung: Die Anforderungen bleiben inhaltlich bestehen, dürfen jedoch verhältnismäßig und wirtschaftlich angemessen umgesetzt werden.
Fazit
In der Praxis zeigt sich: Nicht jedes Papier, das „IDW S6“ im Titel trägt, erfüllt auch dessen Anforderungen. Entscheidend ist nicht allein die Struktur, sondern die tatsächliche Auseinandersetzung mit der individuellen Unternehmenslage.
Ein wirksames Sanierungsgutachten ist mehr als eine formale Pflichtübung – es ist ein maßgeschneidertes, umsetzungsorientiertes Instrument zur Stabilisierung des Unternehmens. Es vermeidet Standardformulierungen, bindet alle relevanten Stakeholder frühzeitig ein und liefert realistische Planungen statt theoretischer Wunschbilder. Am Ende steht eine klare, belastbare Aussage zur Sanierungsfähigkeit – ohne Interpretationsspielraum.
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